Gerade wenn man den „Experten“ (Coaches, Mentoren, Beratern, Gurus, uvm.) auf Social Media folgt, gewinnt man den Eindruck, dass die einzig sinnvolle Rechtsform für eine Unternehmens-gründung die GmbH ist. Der Ehrlichkeit halber müssen wir uns eingestehen, dass auch wir die GmbH häufig als sinnvolle Unternehmensform propagieren. ABER sie ist nicht die einzige Form, welche sinnvoll ist. Es gibt viele gute Gründe auch erstmal mit einem Einzelunternehmen (auch EU) oder eine Personengesellschaft (auch Pers-GS) an den Start zu gehen. Nicht ohne Grund existieren in Deutschland ca. 2,4 Mio Einzelunternehmen und Personengesellschaften.
Aus diesem Grund möchten wir dir hier eine differenziertere Betrachtungsweise, ermöglichen und Argumente zusammentragen, die gegen eine GmbH gleich zu Beginn sprechen.
Wir betonen an dieser Stelle nochmal: Wir sind große Fans der GmbH und auch von Holding-Strukturen oder doppelten Holding-Strukturen, aber es braucht eine differenzierte Betrachtungsweise!
Die Entscheidungsfindung zur Rechtsform bei der Unternehmensgründung fällt erfahrenen Unternehmern bzw. Seriengründern oft recht leicht, aber wer sein erstes Unternehmen gründet, hat in diesem Bereich erheblichen Beratungsbedarf. Daher richten wir diesen Beitrag insbesondere an Erstgründer bzw. diejenigen, die vielleicht schon gegründet haben und sich fragen, wann es Zeit für einen Wechsel der Rechtsform ist.
Vorsicht – Pauschalurteile helfen dir bei der Gründung nicht! Auch wenn du als Gründer oder Gründerin in sozialen Netzwerken noch so oft hörst, dass die GmbH das Non plus ultra ist, braucht es dennoch eine differenzierte Betrachtungsweise, welche viel zu oft fehlt!
Folgende Vorwände sind bei der Unternehmensgründung keine Argumente
Im Folgenden beleuchten wir diese und weitere Einwände einfach mal unter einem anderen Licht.
Diese Punkte sind keine objektiven Kriterien für die Entscheidungsfindung für oder gegen eine Rechtsform. Insbesondere dann nicht, wenn man das erste Unternehmen gründet. In dem Fall fehlen nämlich die Erfahrungen als Unternehmer im allgemeinen und vielleicht auch die belastbaren Referenzen für das beabsichtigte Geschäftsmodell. Daher können wir „wer etwas auf sich hält“ und „wer Vertrauen in sein Geschäft hat“ ersatzlos streichen. Wer kein Vertrauen in sein Geschäftsmodell oder seine Business-Idee hat, würde auch nicht gründen. Damit gilt dieses Kriterium für alle Unternehmer.
„Am Anfang schon ans Ende denken“ ist der Titel des zweiten Kapitels in Stephen Coveys Buch „7 Wege zur Effektivität“. Dieser Titel trägt viel Wahrheit in sich, welche man auch bei der Unternehmensgründung berücksichtigen sollte, insbesondere wenn es der erste Anlauf ist. Auch als hochmotivierter Erst-Unternehmer sollte man sich bewusst sein, dass die eigene Idee vielleicht nicht fliegen lernt oder nicht so gut fliegen kann, wie man es sich vorgestellt hatte. Daher ist der Aspekt des wahrscheinlichen Erfolgs beim beabsichtigten Geschäftsmodell durchaus entscheidend für die Wahl der passenden Rechtsform. Es braucht also einen guten Businessplan, gute Referenzwerte und ggf. auch einen Wegbegleiter und Wegbereiter, welcher mit Praxiserfahrungen bei Seite steht.
Anknüpfend an das Risiko des Scheiterns betrachten wir daher zuerst die Abwicklung eines Unternehmens. Diese kostet genau wie die Gründung nochmal Kapital. Eine GmbH ist im Aufwand der Liquidation umfangreicher als die Auflösung eines Einzelunternehmens oder Personengesellschaft. Bei der GmbH entstehen somit Mehrkosten für den Steuerberater und auch für die formellen Akte, wie die Austragung aus dem Handelsregister.
Wer sich also bei der Dauerhaftigkeit der Business-Idee unsicher ist, fährt mit einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft günstiger.
Die Kosten der Gründung einer Kapitalgesellschaft, also z.B. einer GmbH, übersteigen die Gründungskosten einer Personengesellschaft oder eines Einzelunternehmens um ein Vielfaches. Beim Einzelunternehmen reicht entweder eine Gewerbeanmeldung, die mit unter 50€ erledigt ist oder die Mitteilung ans Finanzamt, dass man eine freiberufliche Tätigkeit aufgenommen hat. Hier sprechen wir über Peanuts.
Die Gründung einer Personengesellschaft ist formfrei möglich und bedarf noch nicht einmal eines geschriebenen Vertrages, wobei dieser absolut zu empfehlen ist. Somit entstehen maximal die Kosten für einen Anwalt zur Vertragserstellung. Von Formularen aus dem Internet würden wir grds. abraten.
Bei der GmbH können wir günstig nach Musterprotokoll gründen, dann haben wir aber keine individuellen Regelungen zur persönlichen Situation erfasst. Wenn man also einen angepassten Gesellschaftsvertrag braucht, ist der Gang zum Anwalt und / oder Notar unerlässlich. Hierbei entstehen nicht unerhebliche Beratungskosten. Darüber hinaus muss die Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen werden. Auch hierfür musst Du zahlen.
Wer also einfach und schnell gründen möchte, kommt mit einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft sehr wahrscheinlich günstiger und hat ggf. auch weniger Aufwand.
Die Kosten der steuerlichen Betreuung sind bei einer GmbH nicht unwesentlich höher, als bei einem Einzelunternehmen bzw. einer Personengesellschaft. Während bei kleinen EU und Pers-GS eine einfache Einnahmenüberschuss-Rechnung möglich ist, muss einer GmbH immer bilanziert werden. Das kostet gerade bei der Unternehmensgründung Liquidität. Darüber hinaus ist eine GmbH veröffentlichungspflichtig im Bundesanzeiger, auch hierfür fallen Kosten an.
Auch auf den Unternehmer kommt mit einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH ein erhöhter Verwaltungsaufwand zu. Man produziert einfach deutlich mehr Papier, um die geschäftliche Tätigkeit und die Liquiditätsströme gegenüber dem Finanzamt zu rechtfertigen. Da die GmbH eine eigene Identität als juristische Person hat, müssen alle Transaktionen zwischen GmbH und Geschäftsführer bzw. GmbH und Gesellschafter fremdüblich sein. Das bedeutet, dass jede Handlung der Prüfung Stand halten muss, dass man das gleiche Geschäft zu gleichen Konditionen auch mit einem fremden Dritten geschlossen hätte. Hierfür ist es oft nötig zu dokumentieren oder Verträge zu schließen.
Beim EU oder der Pers-GS haben wir diese scharfe Trennung eben nicht, daher entsteht hier auch weniger Verwaltungsaufwand. Daher sind insbesondere Gründer mit einer Aversion zu Papier, Akten und Verträgen am Anfang mit einer einfachen Struktur besser beraten, um in die Welt der Unternehmer einzutauchen.
Weiterhin entstehen Mehrkosten, wenn der Geschäftszweck erweitert oder geändert wird. Denn diese Änderungen müssen u.U. ins Handelsregister eingetragen werden und dafür müssen immer einen Notar bemühen. Es entstehen also Kosten für Notar und Eintragung.
Eine geringere Steuerlast zu haben, setzt dem Grunde nach erstmal voraus, dass Steuern gezahlt werden müssen und dafür müssen Gewinne entstehen. In der Praxis ist es nicht selten so, dass in den ersten Jahren einer Unternehmung nur geringe oder keine Gewinne entstehen, da die meiste Liquidität wieder in das Unternehmen reinvestiert wird. Wenn es also keine Gewinne gibt, zahle ich auch keine Steuern, weder im Einzelunternehmen, noch in der Personengesellschaft oder auch der GmbH. Hier haben wir also keinen Vorteil der GmbH gegenüber Optionen, welche in den sozialen Medien oft als nachteilig dargestellt werden. Was jedoch bei der GmbH mit Sicherheit anfällt, sind die höheren Gründungskosten, die höheren Verwaltungskosten und der größere Verwaltungsaufwand.
Wenn ein Unternehmen in der Rechtsform der GmbH nach der Gründung geringe Gewinne abwirft, bedeutet dies, dass die Gewinne konstant durch Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer belastet werden. In einer vereinfachten Darstellung würde man durchschnittlich von einem Steuersatz von 30% ausgehen. Demnach werden 10.000 € Gewinn genauso wie 1.000.000.000 € Gewinn mit 30% Steuern belastet.
Wenn ein Unternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft, als Einzelunternehmen oder freiberufliche Tätigkeit geführt wird und nach der Gründung geringe Gewinne abwirft, werden diese mit dem persönlichen Steuersatz der Einkommensteuer der steuerpflichtigen Person besteuert. Da wir in der Einkommensteuer einen progressiven Steuersatz kennen, kann dieser Steuersatz bei geringen Einkommen kleiner und hohen Einkommen größer ausfallen. Darüber hinaus gibt es einen Grundfreibetrag, welcher in 2023 immerhin 10.908 € beträgt. Einkünfte unter diesem Betrag werden also überhaupt nicht mit Einkommensteuer belastet. Je mehr Gewinne dem Unternehmer jetzt mit dem EU oder der Pers-GS zugewiesen werden, desto höher wird sein Steuersatz.
Dabei hat der ledige Steuerpflichtige in 2023 erst ab einem zu versteuernden Einkommen von ca. 32.000 € einen Grenzsteuersatz von ca. 30%. Demnach wird ab jetzt jeder weitere verdiente Euro mit 30% und mehr Einkommensteuer belastet. Einen Durchschnittssteuersatz von ca. 30% erreicht eine ledige Person in 2023 gar erst bei einem zu versteuernden Einkommen von ca. 80.000 €. Darüber hinaus gibt es einen Freibetrag in der Gewerbesteuer von 24.500 €, d.h. Gewinne unter diesem Betrag werden nicht mit Gewerbesteuer belastet. Wird der Freibetrag überschritten, wird auch Gewerbesteuer fällig, wobei diese zu einem großen Teil auf die Einkommen angerechnet wird, also durch die Zahlung von Einkommensteuer abgegolten ist. In der GmbH kennen wir diesen Freibetrag nicht.
Während wir also in der GmbH ab dem ersten Euro Gewinn pauschal ca. 30% an das Finanzamt abführen, haben wir bei der Pers-GS und dem Einzelunternehmen noch deutlich geringere Steuersätze. Auch hier gilt wieder: Was jedoch bei der GmbH mit Sicherheit anfällt, sind die höheren Gründungskosten, die höheren Verwaltungskosten und der größere Verwaltungsaufwand.
Wenn die Gewinne einer Unternehmung (EU oder Pers-GS) bei einer natürlichen Person (beim Unternehmer) ein zu versteuerndes Einkommen von ca. 60.000 € und mehr verursachen, hat der bzw. die ledige Steuerpflichtige den Spitzensteuersatz erreicht und zahlt jetzt auf jeden weiteren verdienten Euro ca. 42% Einkommensteuer (Stand 2023). Ab diesem Zeitpunkt würde es auf jeden Fall Sinn machen die rechtliche Struktur zu überdenken, da ab jetzt eine GmbH eine steuerliche günstigere Gestaltung ermöglichen könnte. Ab jetzt ist es sehr wahrscheinlich, dass die GmbH eine vorteilhafte Struktur wäre.
Hin und wieder wird auf die Behauptung aufgestellt, dass die Umwandlung eines EU oder einer Pers-GS in eine GmbH schwer möglich sei, mehr Kosten verursache oder gar von Steuerberatern ungern begleitet wird. Auch hierzu wollen wir uns die 3 Punkte einzeln anschauen.
Der Übergang von EU oder der Pers-GS in eine GmbH ist grds. auf 2 Wegen möglich – als Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge. Beide Wege haben Vor- und Nachteile, sind aber in der Umsetzung erprobt und wurden wahrscheinlich schon millionenfach umgesetzt.
Das Argument, dass die Kosten der GmbH Gründung später höher sind, ist durchaus begründet. Für die Umwandlung entsteht beim Steuerberater mehr Aufwand, was i.d.R. zu höheren Beratungskosten führt und es sind ggf. weitere formelle Schritte notwendig, welche Kosten verursachen. Diese Mehrkosten bei der Umwandlung, sollten aber ins Verhältnis zu den laufenden Mehrkosten bei direkter Gründung der GmbH gesetzt werden. Darüber hinaus sollten die Steuervorteile bei keinen oder geringen Gewinnen, wie zuvor beschrieben, berücksichtigt werden. Die entscheidende Frage zur Entscheidungsfindung ist hier also: „Wie schnell wird die Unternehmung wie profitabel?“
Den Aspekt, dass Steuerberater eine Umwandlung von EU / Pers-GS in eine GmbH nicht begleiten möchten, erachten wir für etwas weit hergeholt. Dieser Vorgang gehört für die versierte Steuerberater zum kleinen Einmaleins.
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